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PROGRAMM
Freitag, 04. Dezember 2009

 

Josch Hoenes
Störbilder der visuellen Geschlechterordnung.
Queeres Sehen in und mit den Photographien Loren Camerons
Vortrag


Der Bildband Body Alchemie von Loren Cameron ist eines der ersten auch in trans*-Zusammenhängen der BRD breit rezipierten künstlerischen Projekte, die sich der Sichtbarmachung von Transmännern verschrieben haben. Mehre schwarz-weiß Photographien geben Porträts von Transmännern zu sehen, deren Männlichkeiten echt und unhinterfragbar wirken. In dieser Evidenz haben die Photographien auf den ersten Blick wenig Gemeinsamkeiten mit einem queeren Bildrepertoire, das auf Verwirrung und Spaß an Grenzüberschreitung setzt. Dennoch (oder vielleicht gerade deshalb?) – so die grundlegende These meines Vortrags – besteht eine enge Verknüpfung von queerer Theorie und der künstlerisch-fotografischen Arbeit von Loren Cameron. Im Zitieren verschiedener Wahrnehmungs- und Darstellungskonventionen produzieren die Bilder verschiedene Spannungsverhältnisse: zwischen Geschlecht und Sexualität; öffentlich und privat; Text und Bild; Physiognomie, Psychiatrie und Kunst. Damit führen sie nicht nur die Existenz einer visuellen westlich-modernen Geschlechterordnung vor Augen, sondern werfen grundlegende Fragen nach Praktiken und Technologien des Sehens und Wissens auf. Anhand ausgewählter Arbeiten werde ich aufzeigen, wie diese die Normalisierung und Disziplinierung von Identität, Geschlecht und Sexualität durch Wahrnehmungs- und Darstellungskonventionen problematisieren und die nach wie vor für unmittelbar und "natürlich" gehaltenen Praktiken des Sehens ent-selbstverständlichen. Abschließend möchte ich zur Diskussion stellen, wie Praktiken des queeren Sehens – eines Sehens gegen die Norm – produktiv gemacht werden können: für eine Kritik heteronormativer Zweigeschlechtlichkeit und für die Affirmation alternativer Entwürfe von Geschlecht und Sexualität.

 

Josch (ehemals Bettina) Hoenes

ist Kunst/Kulturwissenschaftler und queer/trans-Aktivist, derzeit ist er wissenschaftlicher Mitarbeiter am Institut für Kunstwissenschaft und Kunstpädagogik der Universität Bremen und promoviert im Rahmen des Promotionsstudiengangs "Kulturwissenschaftliche Geschlechterstudien" der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg zu Visuellen Politiken und Transmännlichkeiten (Arbeitstitel). Arbeitsschwerpunkte bilden: queere/trans-Geschlechterforschung, feministische Kunstwissenschaft, Kulturgeschichte der Geschlechter, Sexualität und Geschlecht in der Kunst und Kultur. Neben der Verstrickung in verschiedene queere temporäre Projekte arbeitet er im kraß. projekt für lesben.schwule.queers (Bremen) mit.

Publikationen (Auswahl): mit Robin Bauer und Volker Woltersdorff (Hg): unbeschreiblich männlich. Heteronormativitätskritische Perspektiven auf Männlichkeiten. Hamburg: Männerschwarmskript 2007; "Und wenn sie eine fest Form angenommen haben" – die Tranzportraits von Del LaGrace Volcano, in: FKW – Zeitschrift für Geschlechterforschung und visuelle Kultur, "Indem es sich weigert, eine feste Form anzunehmen" - Kunst, Sichtbarkeit, Queer Theory, Heft 45, Juni 2008, S. 72-85.